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Gedanken zur Architektur

Die Kontinente driften auseinander und die Menschen rücken einander näher als je zuvor. Nicht allein aufgrund des „Herdentriebes“ oder der Neugier, sondern auch aus Bequemlichkeit oder Versorgungsangst. Diese neuzeitlichen „Völkerwanderungen“ werden durch schnelle Fortbewegungsmittel begünstigt – Kulturkreise verschmelzen schneller ineinander als in vorhergegangenen Epochen.

Seit Jahrtausenden unternimmt der Mensch auf den verschiedenen Kontinenten Kulturreisen auf der Suche nach Neuem, Besserem, Edlerem, Kostbarerem. Und er sucht wärmere Klimazonen auf, um, wie die Zugvögel, geeignetere „Nistplätze“ zu erobern. Wo man früher auf Trampelpfaden reiste, lassen uns heute die Autobahnen das Ziel rascher und bequemer erreichen. Zu Stein gewordene Zeugen dieser ewigen Wanderschaft sind Wege, Gebilde, Häuser und religiöse Stätten. Ihnen gemeinsam ist, dass sie Konglomerate unterschiedlicher Denkarten, kultureller Eigenheiten und praktischer Notwendigkeiten wurden. Gemeinsam ist ihnen auch der verkörperte Wunsch nach Schönheit und Ausgewogenheit. Ausgehend von den Weltwundern der Antike bis zu den Bauten des vorigen Jahrtausends, über die Jahrhundertwende bis zum 20. Jahrhundert sollten die Gebäude Heim, Trutzburg, Zeichen der Herrschaft und des Ansehens sein. Runde Formen schmiegten sich an Ecken; Rundungen sollten Geborgenheit wie im Mutterleib vermitteln; verspielte Ornamentik wurde zum Tummelplatz kindlicher Fantasien.

Dann kam die Ablöse: In der Monotonie der geraden Flächen, der rationellen Dreiecke und der wirtschaftlich rentablen, hochgestellten Quader. Fabriksmonster, Wohnbunker und Massenabfertigungs-Stätten dokumentieren die List- und Lustlosigkeit in der Planung. Diesem Spuk ein Ende setzen kann einzig und allein die Rückbesinnung auf Licht, Form und Farbe in Harmonie mit den Materialien. Die Autobahnraststätte iLLERTAL-OST ist ein Beispiel dafür. Ein Dokument unserer Zeit in der Verschmelzung unterschiedlicher Baustile, harmonischer Farbgebung und dem Schwung und Elan, den der Mensch in sich spürt.

Der Rationalismus hatte der Baukunst ein Ende gemacht. Nun ist es an derzeit, das Bauen wieder zur Kunst werden zu lassen. Die Autobahnraststätte iLLERTAL-OST war eine Notwendigkeit innerhalb der Entwicklung der Architektur. Es ist wie in der Mode: Nach gestreift muß kariert kommen, wenn man nicht einfarbig bleiben möchte!

Herbert Maierhofer
Planer von iLLERTAL-OST
April 1998

Herbert Maierhofer. Foto: privat

„Im Zeitalter der Computer sollte zumindest das Gleiche möglich sein wie davor. Die barocke Baukunst war auch ohne Hilfe des Computers möglich.“
Herbert Maierhofer
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